Den Deutschen werden viele Eigenschaften nachgesagt, aber bisher hab ich immer gedacht, dass ich viele dieser Eigenschaften nicht habe bzw. teile. Ich bin in Deutschland bis zum Abi meist immer erst zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn aufgestanden, die Tage an denen ich meine Hausaufgaben gemacht hatte konnte man zählen und mein Zimmer glich oder gleicht meist einem schwäbischen „Saustall“. Warum ich trotzdem zu deutsch bin, um das Schulleben hier von Anfang an zu verstehen, lest ihr hier in diesem Beitrag.
Die Schule begann letzten Mittwoch und siehe da, nachdem ich das eingezäunte, rechteckige Gelände mit den zwei rosa Gebäuden betreten hatte, waren ganze 30 von 160 Schülern anwesend. Die Schüler tollten im Hof umher und spielten Fußball, wobei eines der Tore mit dicken Holzstöcken abgesteckt ist und sich das zweite Tor zwischen zwei der sechs Fahnenmasten befindet. Der Hof wird auf der linken und hinteren Seite von einem gleichschenkligen „L“ und auf der rechten und vorderen Seite von einem normalen „L“ umschlossen, sodass ein Campus entsteht. Auf der linken Seite des Hofes befinden sich die Toiletten (natürlich keine „Sitzklos“ und ohne Klopapier, also auch für einen Deutschen eher gewöhnungsbedürftig). Im Anschluss danach folgen nach hinten ein Raum mit der Bibliothek und ein Computerraum (in welchem ich noch nicht war bis jetzt). Der zweite, gleich lange Schenkel geht nach rechts ab und beherbergt die Klassenräume zehn bis sieben (v.l.n.r.). Das zweite Gebäude begrenzt den Hof zur rechten Seite hin und die Klassenräume sechs bis eins (v.l.n.r.) sind dort untergebracht. Den Abschluss und den kurzen Teil des „Ls“ bildet das Lehrerzimmer, welches die Tür zum Hof hat.
Da ich bereits vorgewarnt worden war, dass erst am Sonntag die Schule richtig beginnen würde, war ich nicht über die Anzahl der Schüler erstaunt, sondern eher darüber, dass um neun Uhr ein Lehrer mit dem Motorrad ankam und meinte, er müsse noch einmal zurück und komme in drei Stunden wieder. Ich warf einen Blick in die Klassenzimmer und das Lehrerzimmer, welche alle aussahen, als würde hier kein Unterricht stattfinden.
Normalerweise ist um 10:10 Uhr Unterrichtsbeginn und um 11:30 Uhr ließen sich die ersten Lehrer blicken und ließen uns Volontäre ersteinmal links liegen. Nachdem ich dann etwas deprimiert war, setzte ich mich mit Andrea in die zehnte Klasse und hörte der Unterricht zu. Physik.
Nach der einzigen Unterichtsstunde an diesem Tage, endete die Schule um 12:30 Uhr anstatt um 16:00 Uhr. Ich verließ die Schule mit sehr gemischten Gefühlen, denn einerseits freute es mich, dass überhaupt Schüler da waren und es an diesem Tag überhaupt noch zum Unterricht kam. Andererseits verspürte ich eine gewisse Hilflosigkeit, weil alle an diesem Tag kamen und gingen, wann sie wollten, oder auch erst garnicht auftauchten. Für mich als ehemaligen Schüler eines deutschen Gymnasiums undenkbar, dass die Lehrer eineinhalb Stunden zu spät sind und nichtmal ein Viertel der Schüler zum Schulbeginn erscheint.
Der nächste Tag begann etwas vielversprechender, denn es waren deutlich mehr Schüler auf dem Schulgelände und einige Lehrer waren da. Die Lehrer allesamt „gschniegelt und gebügelt“ in Lehreruniform. Dann folgte nach dem morgendlichen Fussballspiel das Morgenappell mit Frühgymnastik, wobei die Jungs das meistens ein wenig lustvoller durchführen, mit Ansagen des Direktors und mit der Nationalhymne. Anschließend folgt noch das Durchzählen auf Englisch. Nachdem die Schüler in den Klassenzimmern verschwunden waren, gab es im Lehrerzimmer eine kleine Ansage des Rektors und wir Volontäre wurden gebeten uns vorzustellen. Gesagt, getan und nachdem sich die Lehrer, an diesem Tage fünf Herren und zwei Damen, vorgestellt hatten, wurden wir gefragt, welche Fächer wir gerne unterrichten würden. An diesem Punkt habe ich mir gedacht: „Das geht aber schnell, ernsthaft ?“. Mir war schon davor klar, dass es nur Englisch und Mathe sein konnten und so willigten wir ein. Darauf begann eine Diskussion im Lehrerzimmer, in der es wahrscheinlich darum ging, welche Klassen wir von nun an Unterrichten sollten. Am Ende dieser Diskussion stand, dass Andrea und ich jeweils Englisch in Klasse vier und fünf unterrichten sollten. Dazu sollte ich Mathematik in Klasse fünf und Andrea Mathematik in Klasse drei unterrichten.
Unterrichten fällt wahrscheinlich grundsätzlich leichter, wenn man ein Buch mit dem Unterrichtsstoff bekommt. Nachdem ich dem Rektor die Bitte, ein Buch zu erhalten, eröffnet hatte, begann für mich, nach der Stundenzuteilung und des kompletten ersten Schultages, die wohl ungewöhnlichste Aktion bisher. Die Lehrer krempelten das halbe Lehrerzimmer um, um irgendwo noch ein Buch mit Englischaufgaben herauszukramen, wobei nur ein Buch für Klasse fünf zum Vorschein kam. Nachdem ich vom Rektor noch mit Marker und Schwamm ausgerüstet worden war, begab ich mich aufgeregt und mit ein wenig weichen Knien in die vierte Klasse. Zum Englischunterricht….
…wie das ganze von statten gegangen ist und wie die Verständigung geklappt hat, lest ihr im nächsten Beitrag. Bis dahin 🙂
25. November 2018 um 9:59 Uhr
Andere Länder, andere Sitten 🤔…kann ich mir vorstellen, dass das alles sehr gewöhnungsbedürftig ist !
Bin gespannt auf den Englischunterricht 😉
5. Dezember 2018 um 13:15 Uhr
05.12.2018-wir versuchen es ein weiteres Mal!! Unsere mails sind allem Anschein nach bei dir nicht angekommen.
Vielen Dank, lieber Konstantin, für deine Karte. Diese Erlebnisse und Ereignisse werden dich ein Leben lang begleiten und mit Sicherheit irgendwie prägen.
Deine Mutter hat uns einige Bilder zugeschickt, die auch uns träumen lassen.
Irmi und ich haben innen Irmi) und aussen(Konrad) unser Haus bereits auf Weihnachten vorbereitet. Was aber fehlt ist die Kälte und der Schnee. Z.Zt. regnet es heftig, aber auch das ist gut für die Natur und für unseren Ölpreis (!).
Der Weihnachtsmarkt in Laupheim ist schon wieder Geschichte. Der Markt war gut besucht und es ging auch relativ friedlich zu.
Unsere „Stader“ kommen erst wieder nach Weihnachten und so sind auch wir ein wenig alleine an den Festtagen – das zum Trost, weil auch dir sicher die Familie fehlen wird. Doch auch das stehen wir tapfer durch.
Wir wünschen dir und deinen Schülern noch schöne Tage bis Weihnachten ( und darüber hinaus ) und alles Gute. Bleib gesund und munter und bleibe neugierig auf alles was dir begegnet.
Herzlich Irmi + Konrad