Der Schultag beginnt für die Schüler hier um zehn Uhr morgens. Plus/Minus 20 Minuten. Meist sind schon die ersten Schüler um neun oder halb zehn auf dem Schulhof und spielen Fußball. Ob das Tor zugesperrt ist, interessiert hier niemand, denn alle können gut klettern und so ist das zwei Meter hohe, wackelige Tor selbst für die kleinen kein großes Problem.
Wie überall im Land ist auch hier die Schuluniform Pflicht. Die Jungs tragen hier, wenn es einigermaßen sauber ist, ein hellblaues Hemd und dazu eine dunkelblaue Hose. Dazu sollte an der Brusttasche des Hemdes ein kleiner Stoffwimpel mit der Farbe des Hauses angesteckt sein. Bei vielen ist das mal da und mal nicht da. Weiter gehts mit der Kleiderordnung der Mädels: die Mädels tragen eine hellblaue Bluse und dazu einen dunkelblauen Rock. Bei vielen fällt dieser sehr kurz aus, was aber auch einfach daran liegen könnte, dass es nicht jedes Jahr nötig ist einen neuen Rock zu kaufen. Dazu tragen die meisten eine weite, dünne Hose mit farbigen Mustern oder Tieren. Die Haare müssen zusammengebunden werden und es muss eine Schleife mit der Hausfarbe in den Zopf eingebunden werden. Bei den Jungs wird das mit der Hausfarbe nicht so eng gesehen, aber die Haare müssen bei jedem gepflegt aussehen. Als letztes trägt jeder Schüler einen Schülerausweis um den Hals oder hat diesen in der Tasche.
Wenn genügend Leute auf dem Schulhof zusammengekommen sind, spielen die Jungs Fußball oder Volleyball und die Mädchen stehen meistens bei einer Bank, schauen zu oder spielen mit einer Art Blätterball. Irgendwann erscheinen dann auch die Lehrer, der Hausmeister kommt und die Schulglocke, ein altes Zahnrad, wird geläutet. Im Anschluss gibt Bisal, ein Junge aus der zehnten, den Befehl zum aufstellen, holt die große Trommel und trommelt, im wahrsten Sinne des Wortes, die Schüler zusammen. Alle stellen sich dann hinter ihre Hausfahne, geordnet von klein nach groß. Es folgt die Morgengymnastik mit Ansprachen und der Nationalhymne, wobei meist die Jungs ein wenig mehr Elan zeigen.
Nach Beendigung der Zeremonie beginnt die erste Stunde. Allerdings wird diese erste Stunde von den Lehrern im Lehrerzimmer verbracht, da dort dann die Tagesbesprechung stattfindet. Die Schüler sind dann meistens in den Klassenzimmer oder sitzen davor und tun was Kinder am liebsten tun. Wenn dann gegen 10:40 die Besprechung zuende ist, gehen die Lehrer nach draußen, setzen sich noch ein wenig hin und dann geht es um elf Uhr zur zweiten Stunde.
Ab elf läuft eigentlich ein normaler Unterricht, bis auf die Ausnahme, dass manche Klassen keinen oder ganz wenig Unterricht in einer Stunde haben, da der Lehrer lieber draußen sitzt. Dann kommen die Schüler halt zum Lehrer und es wird im Kreis auf dem Boden unterrichtet. Das ganze geht dann bis um 12:50, also bis zum Ende der vierten Schulstunde und dann ist Mittagspause.
Ein kleiner Funfact am Rande: der eigentliche Englischlehrer ist nach Japan durchgebrannt, weil er endlich ein Visum dafür bekommen hat und jetzt fallen sämtliche Englischstunden flach, bis ein neuer Lehrer gefunden ist. Diese Englischstunden übernahmen die ersten zwei Wochen Andrea und ich in den Klassen vier und fünf. Was sich als sehr schwierig, bzw. als fast schon unmöglich erwies, denn als ich in den Stunden nach den Namen fragte, oder fragte aus welchem Dorf die Schüler den kämen, erntete ich ein verlegenes Lächeln oder das eine oder andere „dillaro“ (Tamang für „wie bitte / was ?“) eines vorlauten Fünftklässlers, der auch nach zwei Wochen Englisch-Basics noch nicht in der lage war sich vorzustellen, geschweige denn mit lateinischen Buchstaben die neuen Wörter der letzten vier Stunden an die Tafel zu schreiben. Alles in Allem waren diese zwei Wochen mit Englisch und Mathe eher langwierig und frusttrierend, denn es wurde auch im Lehrerzimmer erwartet, dass wir den Kindern etwas beibringen können. Was aber durch das riesige Sprachproblem nicht möglich war (teilweise wurde dann von uns erwartet, den Unterricht auf Nepali zu halten und vorzubereiten. Sechs Tage die Woche!).
Nun aber weiter mit dem Tagesablauf:
In der Mittagspause gehen die meisten Schüler nach Hause zum Mittagessen und diejenigen die nichts essen oder diejenigen deren Weg zu weit ist, spielen dann im Schulhof Volleyball. Dort sind auch meist die Lehrer von der Partie.
Nach der Mittagspause gibt es für die Klassenstufen 1-6 noch drei Stunden und für die Klassenstufen 7-10 noch vier Stunden unterricht. Der restliche Schultag läuft nahezu genauso ab, wie der Vormittag, außer, dass manchmal einige Schüler fehlen, oder dass statt Unterricht ein Volleyballspiel stattfinden. Das Volleyballfeld wurde übrigens vor zwei Wochen mit einer Hacke markiert und das Netz zwischen zwei großen Baumstämmen, welche in den Boden gerammt wurden, gespannt. Alles während dem Unterricht, versteht sich von selbst.
Ist dann die letzten Stunde vorbei, ist der Unterricht um 16 Uhr „jinji“ (Tamang für „fertig“) für den Tag. Allerdings bleiben einige Schüler noch da und spielen noch ein paar Sätze Volleyball zusammen mit den Lehrern. Wenn dann der Hausmeister genug hat, wird der Volleyball im Lehrerzimmer eingeschlossen und es geht zum Tee ins Dorf. Entweder mit der Familie oder bei den Nachbarn, denn bei allen Häusern, bei denen die Haustür offen steht, ist es erwünscht, bzw. gestattet einzutreten……
Im nächsten Beitrag zur Schule erfahrt ihr dann, wie das mit dem Unterricht jetzt geregelt wurde und was Andi und ich für ein neues Projekt gestartet haben !
Bis dahin und नमस्ते (Namaste)
4. Dezember 2018 um 22:09 Uhr
Lieber Konstantin, vielen, vielen Dank für Deinen farbigen Bericht über den Schulalltag in Lurpung. Wir haben laut gelacht : „… der Englischlehrer ist nach Japan durchgebrannt… „. Sachen gibt´s. Und Ihr sollt Englischuneterricht in Tamang bringen – das ist nicht so lustig. Wie Du angedeutet hast, habt Ihr inzwischen eine andere Lösung gefunden. Wir sind gespannt. – Der Bitte von Oma und Opa Lonsinger schließen wir uns an. es würde uns auch interessieren, wie Du mit den neuen Lebensumständen zurechtkommst wie z.B. Schlafen, wohnen, essen. Geben die Lehrer Euch auch Unterstützung oder Hinweise? Oder ist das wie manchmal bei mir früher in der Marine …“ das kriegen Sie schon hin, machen Sie mal…“. Wir haben jetzt endlich mal ein bisschen Regen und Eichenlaub liegt reichlich, da habe ich gut zu harken. Wo die Ttemperaturen jetz kühler sind, schläft Nachbarkater Rocki gern mal ein paar Stunden bei uns auf dem Stuhl. Neulich taperte er über meinen Schreibtisch und legte sich vor die Tastatur. Draußen ist es ihm zu ungemütlich, kalt und nass. Am Sonntag haben wir die erste Adventskerze angezündet, der Kranz hängt an einer langen Kette von der Decke. Der Supermarkt brüllt vor Weihnachten, da verpasst Du nichts, es ist nicht schön anzusehen weil es zuviel ist.
Meine E-Mail mit dem normalen Handy bekommst Du scheinbar nicht, das geht wohl nur per „Schmartfone?“ (Muss ich mir vielleicht doch noch eins anschaffen?)
Nun lieber Konsrtantin, sei von uns beiden sehr herzlich gegrüßt, lass´es Dit gut gehen, wir wünschen Dir weiterhin Glück und gute Erfahrungen, wenn ich jetzt schreibe ( 10 nach 22 Uhr) hast Du noch gut 4 Std. zu schlafen. Wir hoffen, Du schläfst gut und träumst von sauren Gurken ….
Deine Oma u. Opa aus Jever
10. Dezember 2018 um 18:00 Uhr
Ach ja, lieber Konstantin, so unterschiedlich kann die Welt aussehen, je nach Blickpunkt, ob man vor der Klasse steht, oder vor dem Lehrer auf der Bank sitzt. Ich glaube, da sind die Unterschiede zwischen Nepal – Deutschland und dem Rest der Welt manchmal gar nicht so groß.
Und wenn man dann den Unterrichtsablauf liest, sieht doch die „Ganztagesschule“ in Deutschland etwas anders aus.
Was uns gefällt ist, dass es scheinbar noch etwas mehr Respekt vor den Lehrern gibt, es wird aufgestanden, wenn der Lehrer in den Raum kommt, man singt die Nationalhymne und man trägt eine Schuluniform. Auch wenn diese bei den Mädchen manchmal im Laufe des/der Jahre zu kurz wird, liegt dies evtl. nicht daran, „dass es das schon tut“, sondern auch daran, dass die Eltern sich einfach nicht leisten können, einen neuen Rock für das Kind, und dann auch noch für ein „Mädchen“, zu kaufen.
Es ist aber auch interessant zu erfahren, welches Projekt ihr gestartet habt, um den Unterricht anders zu gestalten und spannender abzuhalten. Auch wir sind sehr gespannt auf die Aufklärung.
Was den Sport auf dem Schulhof angeht, das freut Dich sicher ganz besonders, denn Du liebst ja die Herausforderung und die Bewegung. Und da hast Du ja einen immensen Vorteil, denn was Volleyball anbelangt, bist Du als Baden Württembergischer Meister ja im Vorteil. Hast Du den Schülern eigentlich schon mal erzählt?
Also, super interessant und wir sind immer neugierig auf den nächsten Beitrag von Dir.
In diesem Sinne alles Liebe und Gute aus Bayern Oma Helen und Opa Walter नमस्ते
22. Dezember 2018 um 17:01 Uhr
Gaanz, gaanz herzliche Grüsse aus dem verregneten Laupheim. Wir hoffen, dein Magen hat seine Rebellion aufgegeben und du bist wieder zu weiteren Taten bereit. Wenn nicht, trags mit Fassung, aber nicht niessen (!!)
Zwar steht auf dem Kalender etwas von Weihnachten, aber auch am 22.12.2018 sieht das Wetter mehr als trübe aus. Was solls, ändern können wir Gottseidank nichts. Die Menschen haben allem Anschein nach doch einige Dinge mit der Natur angestellt und jetzt zahlt die Natur etwas zurück.
Wir werden Weihnachten alleine in Laupheim verbringen, da unsere Stader Familie erst nach den Festtagen zu uns kommt – aber auch nur für 2 Tage, da sie Silvester im eigenen Haus feiern möchten.
Wir wünschen dir und deinen Mitstreiterinnen entspannte Stunden fern der Heimat und einen guten Start in das Jahr 2019
Irmi+Konrad Schäfer